(Fiktive) Welt am Abgrund: „Outpost – Der Posten“ von Dmitry Glukhovsky

Klimakatastrophe, Krieg, Corona: Die Welt, wie wir sie aktuell erleben müssen, fühlt sich an, wie eine Entrückung, als würden wir am Rande eines Abgrunds balancieren. In dieser Zeit zu einem Buch zu greifen, was einen Schritt weitergeht, was nach dem Zerfall der modernen Gesellschaft spielt, ist fast schon makaber. Sich aus einer irrealen Welt in…

Über das Blond der Sonne

von Daniel Katscher In seinem jüngsten, bisher umfangreichsten Roman Nepobedimoe Solnce schickt Viktor Pelevin eine Blondine auf die Suche nach dem Geheimnis aller Existenz. Neben antiker Mystik und der Frage nach dem Göttlichen betrachtet er nicht zuletzt auch herrschende Strukturen kritisch und setzt ganz nebenbei ein Zeichen für Toleranz.      Viktor Pelevins 2020 erschienener Roman Nepobedimoe…

Aus der Familie in eine Sekte und zurück. Aleksej Poljarinovs Roman „Riff“

von Darya Shevchuk Aleksej Poljarinov, laut dem Esquire-Projekt einer der jungen und erfolgreichen „12 Apostel“, veröffentlichte im Oktober 2020 seinen neuen Roman „Riff“ [Rif]. Es handelt sich um sein viertes Buch, das auf den Sammelband „Fast zwei Kilogramm Wörter“ [Počti dva kilogramma slov] (2019) und die Romane „Landschaft mit dem Sturz des Ikarus“ [Pejzaž s…

Eine Stereotypmaschinerie der „russischen Seele“

Die „russische Seele“ – wie viel Pathos, welche literarischen Tiefen und vielleicht sogar imperialen Traumlandschaften schwingen mit in dieser Worthülse? Zugegeben kann der Titel „Handwörterbuch der russischen Seele“ von Alexander Estis Irritationen auslösen, allerdings womöglich gewünscht. Die Befremdung beginnt bei der zu hinterfragenden Konstruktion einer pauschalisierten nationalen Seele und wird bei der formalen Kategorie des…

Erzählungen aus dem Gulag: “Taiga” von Sergej Maximow

“Die Geheimnisse von Leben und Tod verbanden sich zu einem dämonischen, disharmonischen Akkord.” Über das Leben im Gulag gibt es zahlreiche Augenzeugenberichte, Romane und Biografien. Was die vielen Strafgefangenen erleiden mussten, ist für uns nur schwer vorstellbar und würde ohne die Beschreibungen wohl eher in Kategorien fallen, die wir nicht glauben könnten und lieber als…

Iwan Bunins Erzählungen: “Leichter Atem” und “Ein Herr aus San Francisco”

Iwan Bunin erhielt als erster russischer Schriftsteller 1933 den Nobelpreis für Literatur. 1870 in Woronesch geboren, emigrierte er 1920 nach Paris, wo er 1953 starb. Sein Werk umfasst zahlreiche Novellen und Kurzgeschichten, ein Revolutionstagebuch sowie Reisebeschreibungen. Der Dörlemann Verlag veröffentlicht diese in hochwertiger Aufmachung und setzt dem Autor so erneut ein literarisches Denkmal. 2003 startete…

Lesetipps: dreimal Sachbuch

Sicher strebt es vielen in der aktuellen Zeit nach heiteren Lektüren, die Ablenkung versprechen, dennoch möchten wir euch im folgenden Beitrag kompakt drei Sachbücher vorstellen und empfehlen. von Annika Grützner Bogdan Musial: “Mengeles Koffer – Eine Spurensuche” (Osburg Verlag)Es soll die historische Entdeckung des neuen Jahrtausends werden: Über Bekannte erhält der deutsch-polnische Historiker und Autor…

(Wieder) entdeckt: Leonid Zypkin

“Leonid Zypkin hat kein dickes Buch geschrieben. Aber er hat eine große Reise gemacht.”, schreibt die Schriftstellerin, Publizistin und Regisseurin Susan Sontag in ihrem begeisterten Vorwort zu “Ein Sommer in Baden-Baden”. In der Tat ist der Werdegang des literarischen Werkes Leonid Zypkins ein beeindruckender und dramatischer, der den politischen und gesellschaftlichen Umbrüche der zweiten Hälfte…

Ein Leben in der gewählten Einsamkeit: “Wolgakinder” von Gusel Jachina

Der russischsprachigen Autorin Gusel Jachina gelang mit ihrem Debüt “Suleika öffnet die Augen” (Aufbau Verlag) über eine junge Frau, die in den 30er-Jahren nach Sibirien deportiert wird, ein Welterfolg. Ihr zweiter Roman “Wolgakinder” (Aufbau Verlag) versetzt die Leserinnen und Leser noch ein Stück weiter zurück in die Vergangenheit der Deutsch-Russischen Geschichte. 1916 führt der Schulmeister…

Leben am Gleis: “Der Nulluhrzug” von Juri Buida

“Alles, was ich habe, ist hier. Und wenn dieses alles der Nuller ist und für den Nuller, dann ist alles, was ich habe, der Nuller. Egal, wie er ist. Empfangen und weiterleiten. Auf den Punkt.” Von Annika Grützner Stacheldraht, Wachhunde und die Aufgabe, den sogenannten Nulluhrzug ohne Probleme passieren zu lassen. Das ist der Alltag…