Am 10. Oktober 1920 stimmte die Region Kärnten über den Anschluss an Österreich ab. Wichtiger Teil dieses Referendums war die slowenische Minderheit, die sich, unter Garantie der Ausübung der in Artikel 7 festgelegten Rechte für Minderheiten, ebenfalls als Großteil für Österreich entschieden. Doch die Ernüchterung holte die Kärntner Slowenen leider schnell ein: Viele von ihnen wurden als fremd abgestempelt und ebenso fremd behandelt. Einen grausamen Höhepunkt fand die (Nicht-)Auseinandersetzung im Zweiten Weltkrieg, als die slowenische Minderheit in Lager deportiert und offen diskriminiert wurde. Viele Kärntner Slowenen schlossen sich als Folge dessen den Partisanen an und kämpften gegen das faschistische Regime, nicht alle kehrten in ihre Heimat zurück. Auch der Ortstafelsturm 1972 ist ein prägnanter Einschnitt in die Geschichte der Minderheit: Im Rahmen von Protesten für ihre Rechte und ihre Akzeptanz in den Gemeinden kochte die Gegenwehr hoch, die Folge war ein Konvoi aus Autors, deren Fahrer die zweisprachigen Schilder vor den Ortschaften niederrissen. Bis heute wurden diese zum größten Teil nicht ersetzt. Der Jahrzehnte lange Kampf der Kärntner Slowenen hat Spuren hinterlassen. Von den ursprünglich 65.000 sind heute gerade einmal 20% übrig. In Vereinen organisieren sie den Erhalt ihrer Sprache und ihrer Traditionen, doch es erscheint als Kampf gegen Windmühlen, ducken sich die österreichischen Politiker eher vor ihrer Verantwortung weg und ist es schwer, die nachfolgende Generation für das Slowenische nachhaltig zu begeistern.

Die Filmemacherin Andrina Mracnikar hat mit ihrem essayistischen Dokumentarfilm „Verschwinden“/“Izginjanje“, der in diesem Jahr auf dem FilmFestival Cottbus gezeigt wurde, ihrer Heimat ein erschütterndes Denkmal gesetzt. Auch ihr Großvater stimmte 1920 voller Hoffnung für den Anschluss ab. Hundert Jahre später zeigt Mracnikar in verschiedenen Gesprächen und Bildern, wie tief der Graben, wie enttäuscht und zurückgelassen die Kärntner Slowenien heute sind. Besonders absurd wird das beispielsweise, wenn die österreichischen Entscheider die Einigkeit und Gleichheit der Gemeinschaft propagieren, die Feierlichkeiten zum Jubiläum der Abstimmung aber ohne die Kärntner Slowenen stattfinden, weil man „mit denen ja nicht reden könne und die so unter sich seien“.
Für die Familie der Regisseurin ist die gelebte Ausgrenzung ein tiefes Trauma. Ein großer Teil wurde in Lager verschleppt, überlebte nur mit viel Glück. Während des Ortstafelsturms wurde das Pferd im Stall erhängt, die Tante erhielt um die Jahrtausendwende sogar einen anonymen Schmähbrief, dessen Verfasser sich ihr nie offenbart hat. Ein eindrücklicher Dokumentarfilm, der unter die Haut geht.