Das diesjährige FilmFestival Cottbus bot in unterschiedlichen Sektionen verschiedene Themen und Einblicke. Am Festivaldonnerstag stand mein Tag im Zeichen des ehemaligen Jugoslawiens.
“The Head Of A Big Fish” / “GLAVA VELIKE RIBE“ von Arsen Oremović
Mit seinem Spielfilm “The Head Of A Big Fish” inszenierte der kroatische Regisseur Arsen Oremović in der Sektion Wettbewerb die ruhige Geschichte zweier ungleicher Brüder zwischen Stadt und Land und zwischen Aufbruch und Vergangenheit. Als “Traktor” von seinem Bruder und dessen Frau nach Zagreb geholt wird, um hier nach dem Tod der Eltern ein neues Leben zu beginnen, stoßen die beiden Lebensrealitäten schnell auseinander. Der eine will Erfolg und Fortschritt, riskiert dafür das Familienglück und stürzt sich in fragwürdige finanzielle Geschäfte, der andere lässt sich treiben, verbringt wortkarg seinen Alltag, geprägt von seinen Erinnerungen aus dem Krieg, über die er nicht sprechen möchte. Dabei begegnen sich die zwei Brüder und die Ehefrau fast nur am gemeinsamen Esstisch. Vieles bleibt ungesagt, am lautesten sind die Leerstellen des Schweigens. Hervorzuheben ist die darstellerische Leistung der drei Haupdarsteller Niksa Butijer, Lana Baric und Neven Aljinovic-Tot, deren Figuren laut Regisseur Kroatien repräsentieren: Krieg, Misserfolg und Hoffnung.

“The Eclipse” von Nataša Urban
Mit “The Eclipse” schuf die in Oslo lebende serbische Regisseurin Nataša Urban ein Familienportrait, das sich mit der serbischen Vergangenheit auseinandersetzt. Die Gespräche mit der Familie und mit Freunden schwanken hierbei zwischen Verantwortung, Schuld, Leid und Hoffnung. Unterbrochen werden die Dialoge von landschaftlichen Aufnahmen, die sie mit den Tagebuchnotizen ihres Vaters, der als leidenschaftlicher Wanderer das Land erkundete, verknüpft. Der Film ist ein Plädoyer gegen das Vergessen und für die Erinnerung an die jugoslawische Verangenheit. Gleichzeitig stellt er aber auch die Liebe zur Heimat heraus und wie man diese trotz allem beibehalten kann.

“Waiting for Handke” von Goran Radovanović
In der serbischen Enklave Velika Hoča im südlichen Kosovo leben nur noch wenige Hundert Menschen. Sie alle verbindet die Verehrung des österreichischen Schriftstellers Peter Handke, für den Gemeinschaft ein Denkmal errichten und ihn dafür einladen möchte, doch der Weg dahin ist ein steiniger, mit Hürden versehener Pfad. In einer Mischung aus Spiel- und Dokumentarfilm zeigt der serbische Regisseur Goran Radovanović ein kleines Dorf in der Tradition von Godot in Wartestellung. Gesellschaftlich abgeschnitten ist Handke der Held, auf den sie bauen, der ihre Botschaft in die Welt heraustragen soll und dessen Foto an vielen Ecken prangt, der aber zeitgleich von der kosovarischen Regierung zur Persona Non Grata erklärt wird. In ruhigen Bildern arbeitet Radovanović die Konflikte heraus, die das Dorf bis heute prägen. Immer wieder werden die Grabmäler auf dem Friedhof der Enklave zerstört, das Verhältnis zu den kosovarischen Nachbarn ist ein schlechtes. Es herrscht Stillstand.
