Es ist stiller hier geworden. Corona hat uns trotz der aktuellen positiven Entwicklung noch fest im Griff, die Arbeit und andere Projekte und Hobbys tun ihr übriges, sodass das Lesen leider oft zu kurz kommt. Dennoch möchte ich drei Titel, die mich in den letzten Wochen begleitet, einmal begeistert und zweimal leider enttäuscht haben, einmal…
Category: Rumänische Literatur
Gut gefaked: “Mein abenteuerliches Leben als Hochstapler” von Georges Manolescu
Er stahl, betrug und kam immer wieder damit davon: In “Mein abenteuerliches Leben als Hochstapler” (Manesse Verlag) schreibt der Hochstapler Fürst Lahovary bzw. Georges Manolescu von seinem Leben, seinen Lügen und seinen Lastern. Die Übersetzung dieser ganz besonderen Biografie stammt aus dem Französischen von Paul Langenscheidt. Es liest sich alles zu einfach, um wahr zu…
Düsteres Märchen: “Der Heilige mit der roten Schnur” von Flavius Ardelean
“Was siehst du?” […] “Bartholomäus, den guten Gesellen und teuren Bruder, und Taush, den Heiligen von Gaisterştat und Wanderer auf den Schwellen. Sie fahren vor uns in ihrem Karren und wir ihnen nach, unser Pferd tritt in die Spuren ihres Pferdes und unser Karren gleitet in den Rinnen, die ihr Karren hinterlassen hat, dahin.” Der…
Zweimal Kurzgeschichten von Florin Iaru und Ana Schnabl
Von Annika Grützner Mit der Erzählsammlung “Die grünen Brüste” veröffentlicht danubebooks erstmals Kurzgeschichten des rumänischen Autors Florin Iaru in deutscher Übersetzung von Manuela Klenke. Diese very short storys zeigen, wie vielfältig das literarische Repertoire Iarus ist. Ein Mann, der so gut hört, dass er selbst den Ehebruch der Frau seines Chefs nur durch das bloße Lauschen…
Zu Besuch in Untermond: „Metzgerei Kennedy“ von Radu Țuculescu
von Annika Grützner Die neue „Metzgerei Kennedy“ in der Kleinstadt Untermond steht im gleichnamigen Roman (erschienen im mitteldeutschen verlag in einer Übersetzung von Peter Groth) des rumänischen Autors Radu Țuculescu kurz vor der Eröffnung. Drei Tage lang folgen wir als Lesende der Erzählung rund um die Stadt bei Klausenburg/Cluj-Napoca und ihren illustren Bewohnern. Viel gibt es…
Zwei Schriftstellerinnen, zwei Geschichten, zwei Verfolgte
Zwei Schriftstellerinnen, ein Jahrhundert und zwei Geschichten geprägt von Verfolgung und dem Gefühl des Eingesperrt-Seins. Ljudmila Petruschewskaja beschreibt in „Das Mädchen aus dem Hotel Metropol“ die Anfänge ihres Lebens bis in die ersten Berufsjahre als Journalistin in Moskau, die Rumänin Kristiane Kondrat hingegen beschäftigt sich in ihrem Roman „Abstufung dreier Nuancen von Grau“ mit der…
Wild, frei und mutig: Drei Stimmen
Von Annika Grützner Neben wild, frei und mutig könnte man die folgenden Texte auch als rau und ehrlich bezeichnen. Die Rumänin Lavinia Branişte, der Bulgare Toma Markov und der Georgier Surab Leschawa haben mit ihren Erzählungen hinter verschlossene Türen geblickt. Im Folgenden wollen wir euch diese näher vorstellen. Bulgarien, 1998: In einer nicht genannten Stadt…
Interview mit Zsuzsa Selyem zu ihrem 2018 im Nischen Verlag erschienenen Roman „Regen in Moskau“
von Katharina Haase „Mit Entsetzen betrachtete die größere Tochter Lilliann die Szene von der Tür aus. Sie sah die zertrümmerten Reste des Abendessens, die Tierknochen unter dem Tisch, die Menschenknochen im Graben, ihren Vater, der behaglich ihrer Mutter beim Ziehen an der langen Zigarettenspitze zuschaute, sah ihre arglose kleine Schwester im Schoß des Mannes, sah…
Rumänischer Klassiker: „Humbug und Variationen“ von Ion Luca Caragiale
Der Guggolz Verlag wagt sich als kleiner, unabhängiger Verlag (und zurecht als einer unserer liebsten!) immer wieder an literarische Texte, die vergessen wurden und zwischen den zahllosen Neuerscheinungen pro Jahr mehr und mehr verloren gehen. Mit der Kurzgeschichtensammlung „Humbug und Variationen“ des Rumänen Ion Luca Caragiales kann der Verlag nun einen weiteren Haken hinter einem literarischen…
Tagebuch der Identität: Rodica Draghincescus „Die Fee der Teufel“
Ein Schloss nahe Stuttgart, in dem auch Schiller zeitweilig lebte, eine einsame rumänische Autorin und ein Telefon, das niemals still zu stehen scheint: Rodica Draghincescus „Die Fee der Teufel“ (KLAK Verlag) ist ein turbulenter und teils autobiografischer Tagebuchroman. Es fehlt schwer, das Buch zusammenzufassen, denn hat man erst einmal den Zugang zum Text gefunden (oder…