Das diesjährige FilmFestival Cottbus bot in unterschiedlichen Sektionen verschiedene Themen und Einblicke. Am Festivaldonnerstag stand mein Tag im Zeichen des ehemaligen Jugoslawiens. “The Head Of A Big Fish” / “GLAVA VELIKE RIBE“ von Arsen Oremović Mit seinem Spielfilm “The Head Of A Big Fish” inszenierte der kroatische Regisseur Arsen Oremović in der Sektion Wettbewerb die…
Tag: Vergangenheit
Verdammte Allneunziger: “Die verschissene Zeit” von Barbi Markovi´c
“Fick dich. Vor lauter Beine-Übereinander Schlagen, Mich-für-alles-schämen-Müssen, Mich-Bemühen, dass ich schön bin, aber nicht vergewaltigt werde, vor lauter Gelbe-Schlafanzüge-statt-Spielzeuge-und-Technik-zu-Silvester-bekommen bin ich verrückt geworden, und deswegen habe ich manchmal diese Lachanfälle. Ich lache mich tot angesichts meiner Aussichten. Uups, es kommt schon wieder einer. HAHAHAHAHAHAHA.” Sie hat es schon wieder getan: Die serbisch-österreichische Schriftstellerin Barbi Marković…
Aus der Familie in eine Sekte und zurück. Aleksej Poljarinovs Roman „Riff“
von Darya Shevchuk Aleksej Poljarinov, laut dem Esquire-Projekt einer der jungen und erfolgreichen „12 Apostel“, veröffentlichte im Oktober 2020 seinen neuen Roman „Riff“ [Rif]. Es handelt sich um sein viertes Buch, das auf den Sammelband „Fast zwei Kilogramm Wörter“ [Počti dva kilogramma slov] (2019) und die Romane „Landschaft mit dem Sturz des Ikarus“ [Pejzaž s…
(Post-)Sozialistische und postmemoriale Werkstatt: “Die Teufelswerkstatt” von Jáchym Topol
von Amanda Beser Jáchym Topols Roman Die Teufelswerkstatt (Suhrkamp) lässt sich als (post-)sozialistische und postmemoriale Werkstatt lesen, die mit dem neoavantgardistischen Bruch bricht. Sie ist auch eine Erzählwerkstatt, die erstaunlich ökonomisch und produktiv die Frage nach dem „Wer spricht?“ löst. In dem phantasmatischen Gedenkstätten-Thriller finden sich keine Anführungsstriche bei direkt gesprochener Rede. Und Nietzsches Frage…
“Von alten Herzen und Schwertern” von Aka Mortschiladse
“In den alten Tagen passierte derlei viel öfter. Sehr oft sogar. Es sollte genügen, zu sagen, dass es immer um Liebe ging, so wie bei allem anderen auch.” Aka Mortschiladse (1966 in Tbilissi geboren) zählt zu den wichtigsten literarischen Stimmen seinen Landes, der in seinen Romanen immer wieder die Vergangenheit in den Fokus rückt, in…
“Heute ist Mittwoch” von David Albahari
“Wir befinden uns ständig am Rand, am Ende von Etwas, das einem Anfang ähnlich war und uns dann ohne Hinweis auf unser weiteres Leben im Stich ließ.” David Albahari zählt zu den wichtigsten zeitgenössischen Autoren Serbiens und erhielt für seine Werke zahlreiche renommierte Literaturpreise. Mit “Heute ist Mittwoch” (erschienen bei Schöffling & Co. in einer…
Leben am Gleis: “Der Nulluhrzug” von Juri Buida
“Alles, was ich habe, ist hier. Und wenn dieses alles der Nuller ist und für den Nuller, dann ist alles, was ich habe, der Nuller. Egal, wie er ist. Empfangen und weiterleiten. Auf den Punkt.” Von Annika Grützner Stacheldraht, Wachhunde und die Aufgabe, den sogenannten Nulluhrzug ohne Probleme passieren zu lassen. Das ist der Alltag…
Ein Jahrhundert: “Die Leben der Elena Silber” von Alexander Osang
“Der Krieg spricht eine harte Sprache. Wenn er mit seiner eisernen Faust friedliche Wohnstätten zerschlägt, wenn rauchende Trümmer, heimatlos gewordene Frauen und Kinder schreckliche Anklage erheben, dann vernehmen wir die dröhnende Sprache des Krieges.” von Annika Grützner Jelena – Elena – Lena, mit jedem neuen Lebensabschnitt, jedem neuen Schicksalsschlag und jeder neuen Heimat verlor Elena…
Zweimal Kurzgeschichten von Ismail Kadare und Jurica Pavičić
von Annika Grützner Ismail Kadare ist Albaniens berühmtester Autor – und ein „Dauerverdächtiger“ für den Nobelpreis. In seinen Erzählungen geht es um die Geschichte seiner Heimat. In einer präzisen Sprache gibt er dabei das Leben in den engen Steingassen der Gebirgssiedlungen wieder, die voller Leben sind. „Geboren aus Stein“, das nun im Fischer Verlag erschienen…
Zwei Schriftstellerinnen, zwei Geschichten, zwei Verfolgte
Zwei Schriftstellerinnen, ein Jahrhundert und zwei Geschichten geprägt von Verfolgung und dem Gefühl des Eingesperrt-Seins. Ljudmila Petruschewskaja beschreibt in „Das Mädchen aus dem Hotel Metropol“ die Anfänge ihres Lebens bis in die ersten Berufsjahre als Journalistin in Moskau, die Rumänin Kristiane Kondrat hingegen beschäftigt sich in ihrem Roman „Abstufung dreier Nuancen von Grau“ mit der…