„So ist das nun mal, erst kann ich ewig nicht herkommen, und wenn ich einmal da bin, will ich nicht wieder von hier weggehen.“
Aka Mortschiladses „Obolé“ (mitteldeutscher verlag) ist eine Reise in die Heimat. Als der in Tbilissi lebende Irakli die Nachricht erhält, dass das Dach seines leerstehenden Elternhauses droht, einzustürzen, reist er in seine Heimatstadt nahe der Berge von Swanetien. Hier empfangen ihn neben alten Bekannten, Freunden und Nachbarn auch zahlreiche Erinnerungen, die sich um die gemeinsame Zeit mit seinen Großeltern und deren Erzählungen drehen.
Ähnlich wie Irakli kann man sich als Leser in den vielen Erinnerungen an die vergangenen Zeiten verlieren. Sprunghaft geht es vom Urgroßvater in die Gegenwart. Mittelpunkt dabei ist Obolé, eine Steinschlossflinte, die schon für den jungen Irakli ein Gegenstand der Ehrfucht war und für eine wilde, unberechenbare Seite des Landes steht. Nach und nach verschwimmen die Grenzen der Vergangenheit und Irakli fällt es zunehmend schwerer, sich von dieser zu lösen. „Obolé“ zeigt dabei, wie eng die Geschichte Georgiens mit den Erzählungen der Menschen verbunden ist, deren Wurzeln tief zurückreichen. Gerade auf dem Land scheint so jeder jeden zu kennen, wenn nicht persönlich, dann über den Familiennamen. Und so kann man der Vergangenheit nicht entkommen. Auch für Irakli ist die Fahrt in die Heimat etwas, was er gerne verhindern würde. Weit entfernt in der Hauptstadt Georgiens lebt er sein eigenes, modernes Leben, fernab von den Geschichten und Legenden um Könige, Räuberbanden und Bauern. Doch auch seine Identität ist zu sehr mit diesen verbunden und so wird aus dem kurzen Ausflug nach Swanetien eine prägende Auseinandersetzung mit den „Geistern der Vergangenheit“, an dessen Ende er plötzlich mitten im Geschehen ist.
Aka Mortschiladse zählt zu den wichtigsten zeitgenössischen Autoren Georgiens und erhielt 2012 für „Obolé“ den Saba-Preis für den besten Roman des Jahres.
- Gebundene Ausgabe: 200 Seiten, 20 € (D)
- Verlag: Mitteldeutscher Verlag; Auflage: 1 (4. September 2018)
- Übersetzung: Natia Mikeladse-Bachsoliani
- ISBN-13: 978-3963110399
von Annika
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