Wundertüte der Literatur: “In diesem Buch stirbt jeder” von Beka Adamaschwili

Mit gerade einmal 24 Jahren veröffentlichte der georgische Schriftsteller Beka Adamaschwili seinen Debütroman Bestseller”, der in seinem Heimatland schnell zu einem wirklichen Bestseller wurde und Adamaschwili zum aufregendsten zeitgenössischen Autor des Landes machte, inklusive eines Platzes auf der Shortlist für den besten Roman beim SABA, dem wichtigsten Literaturpreis Georgiens. Mit “In diesem Buch stirbt jeder” präsentiert der Autor erneut einen überaus einfallsreichen und spielerischen Text. Der mit dem Literaturpreis der Europäischen Union ausgezeichnete Titel ist jetzt in deutscher Übersetzung von Sybilla Heinze bei Voland & Quist erschienen.

“Es ist schwer, eine Romanfigur zu sein. Erst recht, wenn es so viele kaltblütige Autoren gibt.”

71bYQdOiqtL“In diesem Buch stirbt jeder” ist nicht nur der Titel des Buches, sondern auch im wahrsten Sinne des Wortes der gesamte Inhalt und das Ziel der Geschichte – wenn man vom Ziel des Autors ausgeht. Mit viel Ironie und Witz lässt Adamaschwili dabei seine Figuren zum Leben erwachsen, die, in ihrer eigenen Handlung verwebt, plötzlich erkennen, dass sie nur Romanfiguren sind und ihr Schicksal vom Schreiben des Autors abhängt. Und so beschließen Memento Mori, Matthäus, Professor Arno und Lea, dies nicht auf sich sitzen zu lassen und dem Autor ein Schnippchen zu schlagen. Gemeinsam reisen sie durch verschiedene literarische Welten, um ein Schlupfloch zu finden und dabei noch anderen Figuren vor dem sicheren Tod zu bewahren. Doch dabei hängt der Autor natürlich immer wie ein Damoklesschwert über ihnen, immer bereit, die Handlung zu manipulieren und die Protagonisten zu gestalten: “Jemand hat beschlossen, dass du eine katzen-, gedanken- oder katzengedankenliebende Aktivistin sein solltest, damit die riesige Armee von Katzenliebhabern dir Sympathie entgegenbringt. […] Auf jeden Einzelnen von uns ist ein Teil des Wissens und Erfahrung verteilt, die der Autor entweder hat oder die er beim Schreiben des Buches erwirbt.”

Die vier Reisenden schlittern immer wieder in absurde Situationen, so landen sie zum Beispiel in der literarischen Hölle, die bereits in Adamaschwilis “Bestseller” Handlungsort war, kämpfen auf der Bühne des Globe Theaters gegen ihre Verfolger oder stoßen auf die außerirdischen Kyliejenners, die die Erde als Experiment nutzen. Immer dann, wenn man denkt, es könne nicht noch verrückter werden, zieht der Autor an einem weiteren Handlungsfaden und lässt die Leserinnen und Leser buchstäblich mitten hinein fallen. Dabei spielen auch philosophische Theorien eine Rolle, die sich Matthäus, Memento Mori, Professor Arno und Lea stellen. Denn was wird aus ihnen wenn die Geschichte zu Ende gelesen ist? Wenn der Autor des Schreibens überdrüssig ist? Und wie können sie ihn besiegen?

“In diesem Buch stirbt jeder” schafft es meisterlich, zu polarisieren. Mal ist es komisch und unterhaltsam, mal, wohl gewollt, ziemlich anstregend und mal hat man eher das Gefühl, in einer Irrenanstalt zu sitzen, Beka Adamaschwili vor sich hin brabbelnd neben sich, ohne Möglichkeit des Entkommens. Ja, dieses Buch ist ganz schön schräg und bricht mit so vielen Konventionen, dass es wohl ein eigenes Genre verdient hätte. Beka Adamaschwili hat eine wahre Wundertüte der Literatur geschaffen. Ob das gefällt oder nicht, muss jeder für sich selbst herausfinden.

  • Gebundene Ausgabe : 208 Seiten, 25 € (D)
  • ISBN-13 : 978-3863912529
  • Übersetzung: Sybilla Heinze
  • Herausgeber : Verlag Voland & Quist; 1. Auflage (3. August 2020)

von Annika Grützner

 

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