„Der Buchbranche geht es schlecht. Die Leute lesen nicht mehr“ – dies sind wohl die Sätze, die man in der Literaturbranche in den letzten Jahren immer wieder hört, nichts desto trotz gibt es sie noch; die mutigen Verlegerinnen und Verleger, die ihrem Herz und ihrer Leidenschaft folgen und trotz aller Schwierigkeiten versunkene Schätze der Weltliteratur veröffentlichen. Stefan Monhardt ist einer dieser Verleger, der mit der Edition Monhardt und Reso Tscheischwilis „Die Himmelblauen Berge“ (übersetzt von Julia Dengg und Ekaterine Teti) ein ganz besonderes Highlight der georgischen Literatur in hochwertiger Gestaltung auch nun endlich dem deutschen Markt zugänglich gemacht hat. Und in diesem geht es, wie könnte es anders sein, um den Literaturbetrieb und die Absurdität der sowjetischen Kulturpolitik.
Der 1980 veröffentlichte Titel „Die Himmelblauen Berge“ ist in Georgien Kult. Die Geschichte um den Schriftsteller Sosso, der vergeblich versucht, seinen Verlag und sein Manuskript zusammenzubringen, ist wohl jedem georgischen Literaturfan ein Begriff und gipfelte in der Verfilmung 1983 durch Eldar Schengelaia, für den der Autor das Drehbuch verfasste. 2014 wurde der Film auf dem Festival in Cannes als Klassiker des Weltkinos gezeigt.
Das Leid Sossos ist im Roman ein kafkaeskes: Die Mitarbeiter des Verlages tun alles andere, als das Buch zu prüfen und zu veröffentlichen. Sie verbringen ihre Zeit mit lockeren Unterhaltungen und schieben den Text von einer Person zur nächsten. So wird die Hoffnung des Autors, sein Werk endlich zu veröffentlichen, jedes Mal von Neuem gebrochen und das Spiel beginnt von vorne. Während dieses innere System in sich zusammenfällt, zeugt auch das Gebäude von Problemen. In den Wänden zeigen sich Risse, die nicht immer allen auffallen und zu komischen Verwechslungen des Personals (Gebäudeprüfer werden zu Lektoren und umgekehrt) führen. Sosso ist diesem Vorgehen willkürlich ausgesetzt. Sein Roman wird in verschiedenen Fassungen weitergereicht, auseinandergenommen und wieder zusammengesetzt, bis er selber nicht mehr weiß, wo ihm der Kopf steht.
„Die Himmelblauen Berge“ lässt sich in wenigen Worten umreißen: chaotisch, humorvoll und kritisch. Denn was Tscheischwili da auf Papier gebracht hat, ist eine urkomische Karikatur der Kultur und Politik seines Landes. Im Buch geht nichts mehr voran, so auch in der Sowjetunion, die 1980 zwar nicht kurz vor dem Zusammenbruch steht, dennoch aber erste Risse zeigt. Das System hakt hier und da, die Motivation und der Arbeitsaufwand laufen auf schiefen Bahnen. Dass im Literaturbetrieb des Romans überhaupt noch etwas passiert, ist ein Wunder. Tscheischwili versteht es hervorragend, ein einprägsames, fast schon filmisches Tohuwabohu zu veranstalten. So verschmelzen die einzelnen Szenen und Figuren oftmals zu einem bunten Durcheinander und nicht immer ist ganz klar, wo die Reise gerade eigentlich hingeht. Dennoch ist der Roman perfekt inszenierte Unterhaltung und schon bei den ersten Kapiteln kann man sich nicht mehr vom Gedanken verabschieden, dass dieser Stoff doch eine gute Vorlage für einen Film wäre.
„Die Himmelblauen Berge“ reiht sich in eine Vielzahl spannender Veröffentlichungen aus der georgischen Literatur seit 2017 ein, deren Höhepunkt wohl der Gastlandauftritt des Landes auf der Frankfurter Buchmesse 2018 sein wird. Von uns gibt es definitiv eine Leseempfehlung!
- Gebundene Ausgabe: 160 Seiten, 22 € (D)
- Verlag: Edition Monhardt; Auflage: Deutsche Erstausgabe (24. November 2017)
- Sprache: Deutsch
- Übersetzung: Julia Dengg und Ekaterine Teti
- ISBN-13: 978-3981778922
Annika