
Kristin Dimitrova gehört zu den wichtigen zeitgenössischen Stimmen des literarischen Bulgariens. Trotz ihrer Bekanntheit in ihrem Heimatland, ist sie im deutschsprachigen Raum bisher eher unentdeckt geblieben. Erst im November 2020 erschienen ausgewählte Kurzgeschichten als “Wenn du ankommst, ruf mich an” im Schweizer Indieverlag INK press. Übersetzt wurden diese von Viktoria Dimitrova Popova, zu jeder Geschichte gibt es eine passende Illustration von Maja Hülst. Die flippige Aufmachung des Buches spiegelt sich auch in den Geschichten wider. Diese sind durchgehend kreativ und vermischen Realität mit Wahnsinn. So landen wir beispielsweise in der Gedankenwelt einer Sexpuppe oder in einer Welt, in der die Bewohner lediglich den Zweck haben, jeden Tag aus Neue einen Werbeclip zu spielen. “Wenn du ankommst, ruf mich an” ist eine kleine Wunderkiste der literarischen Kuriositäten!

“Was hat denn das, was damals war, mit dem Heute zu tun?”
Melitta L. Roths “Gesammelte Scherben” (ostbooks) versammelt verschiedene Kurzgeschichten und Lesefragmente, in deren fiktiven literarischen Scherben die Autorin ihre eigene (Familien-)Geschichte aufarbeitet. Melitta L. Roth, in Omsk geboren und 1980 mit ihrer Familie nach Deutschland ausgewandert, nähert sich hier den Themen Entwurzlung, Ablehnung und Ankommen – “typische” prägende Themen von Menschen, die ihre Heimat verlassen (müssen). Mit viel Fürsorge schreibt Roth über die Identitätsfindung und -verdrängung ihrer Protagonisten und spannt dabei den Bogen über 100 Jahre in die Vergangenheit. Ein kurzweiliges Buch, dafür aber eins, was zum Nachdenken anregt.
von Annika Grützner