von Annika Grützner
Das Kaspische Meer ist der größte See der Welt. An ihn grenzen Dagestan, Aserbaidschan, der Iran, Turkmenistan und Kasachstan – Länder, geprägt von den geografischen und politischen Umschwüngen des letzten Jahrhunderts. Eine Sehnsucht nach ihnen und den Wunsch, die Seele dieser Länder zu erforschen, treiben den in Moskau lebenden russischen Journalisten und Autor Wassili Golowanow immer wieder an, die Reise in Richtung Kaspisee anzutreten. Von seinen Erfahrungen und Begegnungen berichtet er in seinem 1072-Seiten starken Monumentalwerk „Das Buch vom Kaspischen Meer“, das in der äußerst gelungenen Übersetzung von Valerie Engler und Eveline Passet bei Matthes & Seitz erschienen ist.
„Das Buch vom Kaspischen Meer“ ist kein einfacher Reisebericht. Es ist eine Reise ins Innerste des Autors, eine Reise in die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der fünf Staaten. Golowanow lässt sich Zeit, berichtet ausführlich von seinen Gesprächen und Gedanken und von dem, was er beobachtet und entdeckt. Allein der umfangreiche Anmerkungsapparat am Ende des Buches zeugt von seiner genauen Recherche. Nichts soll verborgen bleiben. Die Reise des Autors ist ein perfekter Querschnitt der Gesellschaft der Länder. Und bei den vielen Seiten gerät das Lesen auch manchmal zu einem Kampf, der sich am Ende aber mehr als lohnt. Denn für dieses Buch muss man sich Zeit nehmen, um die vielen Eindrücke auf sich wirken zu lassen. Manchmal ist es dabei schade, dass keine bildlichen Eindrücke der Umgebung eingebunden wurden, doch vielleicht ist auch gerade das gut, denn so wirken die Ortsbeschreibungen des Autors noch intensiver und regen die Imaginationskraft bei den Leser*Innen an.
Golowanow bereist und beschreibt die unterschiedlichen Länder scheinbar immer unter einem bestimmten Gesichtspunkt. Mal ist es die Religion, mal die Landschaft, mal die Vergangenheit oder die Pläne der ungewissen Zukunft, über die er mit den Einheimischen spricht und die Themen so zu jedem Land passend in den Fokus rückt. Wen die über 1.000 Seiten abschrecken, dem sei ein anderes Buch von Wassili Golowanow empfohlen: 2012 erschien, ebenfalls in deutscher Übersetzung von Eveline Passet, in ähnlicher Form und mit „nur“ 523 Seiten der Titel „Die Insel oder Rechtfertigung des sinnlosen Reisens“, in dem der Autor von seinen Reisen auf die Insel Kolgujew in der östlichen Barentssee berichtet.
- Gebundene Ausgabe: 1072 Seiten, 48 € (D)
- Verlag: Matthes & Seitz Berlin; Auflage: 1. (29. März 2019)
- Übersetzung: Valerie Engler, Eveline Passat
- ISBN-13: 978-3957577009