Oleg Senzow ist ein ukrainischer Filmemacher und Autor und seit 2014 bis vor Kurzem in russischer Haft wegen der angeblichen Planung von terroristischen Handlungen. Senzow, der sich bei der Maidanbewegung sehr aktiv engagiert hat, sagte zu Beginn seines Prozesses: „Der Maidan war das Wichtigste, was ich in meinem Leben geleistet habe“.
Seit Jahren führten seine Kollegen weltweit Protestaktionen durch und forderten seine sofortige Freilassung. Zuletzt befand er selbst in einer über einen Monat andauernden Hungerstreik, der seinen gesundheitlichen Zustand maßgeblich beeinträchtigte.
Der Geschichtenband “Leben. Geschichten” (Verlag Voland & Quist) vereint acht Erzählungen von Senzow, die eine autobiographische Lesart indizieren. Der bekannte ukrainische Autor Andrej Kurkow schreibt in seinem Vorwort zum Buch: „Das Buch, das Sie in Händen halten, ist kein Roman. Es ist der ehrliche und offene autobiografische Bericht über seine Kindheit, die Schulzeit. Darin beschrieben ist seine Persönlichkeitswerdung – also wie er zu dem furchtlosen Menschen wurde, der er heute ist.“
„Letzter Wille“ ist die kürzeste, aber literarisch die bemerkenswerteste Geschichte aus diesem Band. Der Ich-Erzähler, der hier über den Sinn des Lebens und des Todes nachdenkt, reflektiert die Erinnerungen aus seiner Kindheit, die mit dem Tod des Großvaters verbunden sind – „Nehmt eure Kinder nie auf Beerdigungen mit!“ lautet hier sein Fazit. Es sind die Erinnerungen, die nach uns bleiben und die Geschichten, die eben auch in den extremen Lebenssituationen fortgeschrieben werden sollten, die das Schreiben von Oleg Senzow maßgeblich prägen.
Senzow, der für das breite Publikum mit seinem ersten Spielfilm “Gamer”, 2012 (der Film handelt von einem Videospiel-Wettbewerb) bekannt wurde, ist nun endlich frei und wir weiterhin sehr auf sein filmisches und literarisches Schaffen gespannt.
von Irine Beridze