Ilja bloggt seit 2012 auf Muromez zur mittel- und osteuropäischen Literatur. Read Ost sprach mit ihm über seinen Blog, über die spannenden Neuerscheinungen und über seine Zukunftspläne:
1. Wer bist Du?
Ein Mensch, der die Kultur liebt, Medien-, Literatur- und Sprachwissenschaften studiert hat, derzeit ein Volontariat beim Mindener Tageblatt macht und auf www.muromez.com bloggt.
2. Wie ist die Idee zur Gründung des Blogs Muromez entstanden?
Im Prinzip spontan. Mein Literaturblog sollte ursprünglich zu einer digitalen Gedächtnisstütze reifen. Ich lese viel, ich vergesse viel. Deswegen muss ich meine Lektüren irgendwie speichern und analysiere darüber hinaus mit dem Prozess des Schreibens das Gelesene mehr.
Außerdem war und ist der Blog auch eine Fingerübung und Trainingswiese. All diese Texte – sicher sind einige fürchterliche dabei – halfen mir für meine journalistische Arbeit. Und dann wollte ich eine Plattform schaffen, die Literatur aus Osteuropa bespricht, weil ich sie für unterrepräsentiert halte.
Zudem kam hinzu: Nach und nach lernte ich immer mehr Blogger, Verlagsmenschen oder Autoren kennen – auch persönlich im realen Leben. Sogar Freundschaften entstanden. Wenn ich irgendwann mal alt bin und zurückblicke auf mein Leben: diesen Blog werde ich bestimmt nicht auf die „Ich bereue das-Liste“ setzen.
3. Was waren die wichtigsten Fundstücke aus der mittel- und osteuropäischen Literatur auf die Du im letzten Jahr gestoßen bist?
Zum ersten Mal habe ich „Wir“ von Jewgeni Samjatin gelesen und dachte mir: Krass, er hat zu einem viel früheren Zeitpunkt all das erzählt, was George Orwell später in „1984“ schreiben wird. Für mich ein verdammt wichtigstes Fundstück.
Begeistert hat mich auch „Das weiße Leintuch“ von Antanas Škėma, ein Klassiker der litauischen Literatur, der bei Guggolz erschien. Und „Elephantinas Moskauer Jahre“ von Julia Kissina unterhielt mich. Sie beschreibt skurril Künstler, Dichter und Kreative in Moskaus 80ern.
4. Warum ist es für dich wichtig, die mittel- und osteuropäischen/postsowjetischen Literaturen für die deutschsprachigen LeserInnen sichtbar zu machen?
Da brauchen wir nur in die Bestseller-Listen zu schauen. Wie viele Titel von osteuropäischen/postsowjetischen Literaten tauchen da auf? Genau, null. Das liegt aber nicht daran, weil die russische Literatur nur Müll produziert. Die Deutschen interessieren sich traditionell mehr für die angelsächsischen Bücher.
5. Welche Blogs oder Kulturportale würdest du unseren LeserInnen aus dem mittel- und osteuropäischen Raum empfehlen?
Scherben sammeln: scherbensammeln.wordpress.com
OsTraum: ostraum.com
N-Ost: n-ost.org
Dekoder: dekoder.org
Moskauer Deutsche Zeitung: mdz-moskau.eu
6. Was sind deine Zukunftspläne?
Ich will einen kleinen Beitrag leisten, dass die schwachen Osteuropäer präsenter sind. Da wird wirklich gutes Zeug gemacht, das leider untergeht.